Allgemein, überdiesAnsichten eines Opernpudels 4

Mannheim, den 7. Juni 2017

Liebe Leserinnen und Leser!

Neulich war einer der heißesten Tage, die ich seit langem erinnere. Ich schnüffelte ein wenig in Ludwigshafen herum, immer auf der Suche nach geistiger Anregung. Und wurde fündig. Denn wie könnte man treffender den derzeitigen Zustand unserer sozialdemokratischen Partei Deutschlands beschreiben als mit diesem zweiteiligen Schaukasten, den ich im Gebüsch an der Straße entdeckte? „Wir wünschen frohe Weihnachten und alles Gute für das kommende Jahr!“ stand im linken Teil.  – „Ja, alles Gute!“, wollte ich gerade noch zurückbellen. Doch der Blick in das rechte Fenster des Schaukastens ließ mich erschaudernd innehalten. „Ein guter Vorsatz für 2017,“ stand dort auf einem schräg herabgesackten, zweiten Plakat: „HALTUNG ZEIGEN“. Haltung zeigen, dachte ich. So straft die Schwerkraft unsere guten Vorsätze Lügen.

Irgendwie musste ich an „Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny denken“, das wir demnächst bei uns am Theater aufführen, auch so ein linkes Projekt. Der proletarische Held, ein Baumfäller namens Jim, stirbt dort einen kläglichen Tod, nachdem er in Mahagonny die Gesetze der menschlichen Glückseligkeit eingeführt hat. Man verurteilt ihn zum Tode und keiner seiner Freunde ist bereit, ihm zu helfen. Sehr traurig, trotz aller V-Effekte.

Aber wie kam ich überhaupt darauf? Egal. „Können uns und ihm und niemand helfen“, singt der Chor am Schluss. In diesem Sinne: Schöne Weihnachten!

Euer Opernpudel Bela