Allgemein, Musiktheater, überdiesGiuseppe Verdi: ERNANI Woche 4

Probenblog: Ernani Woche 4


ERNANI – Die Bühne

9. Februar 2018

 

Der letzte Montag war ein besonderer Tag für Ernani. An diesem Tag nämlich fand die sogenannte TE statt. Hinter dieser Abkürzung verbirgt sich die »Technische Einrichtung« eines neuen Bühnenbildes, das heißt der erste richtige Aufbau auf der Bühne. Bis es zu diesem großen Moment kommt, muss viel passieren:

Viele Monate vor der Premiere findet eine sogenannte Bauprobe statt. Bei dieser Probe werden die Ideen und Pläne für ein neues Bühnenbild in originalen Maßen auf der Bühne markiert und dargestellt. So kann man beispielsweise frühzeitig bemerken, ob die Teile zu hoch oder zu niedrig, zu groß oder zu klein sind, ob die Sicht von allen Plätzen des Zuschauerraums aus gut ist oder ob bestimmte Sicherheitsaspekte zu berücksichtigen sind. Die Bauprobe zu Ernani fand im Juli 2017 statt. Daraufhin korrigierte Bühnenbildnerin Heike Scheele ihre Pläne nochmals und übergab sie dann den Werkstätten des NTM. Das Bühnenbild wurde dann in Schreinerei, Schlosserei, Malsaal und Plastikerwerkstatt im Werkhaus an der Mozartstraße gefertigt. Erst jetzt – nach der TE – kann man nun beginnen, die Beleuchtung einzurichten und in oft tagelanger Kleinstarbeit die verschiedenen Einstellungen und Stimmungen der Beleuchtung ausarbeiten.

 

Konzeptwand zu Ernani

 

Das Ernani-Bühnenbild arbeitet mit einer auf den ersten Blick relativ leer wirkenden Bühne. Der Raum ist ganz weit offen und schwarz ausgehängt. In der Mitte gibt es ein großes Podest – und hier, auf dieser Bühne in der Bühne begegnen sich die Figuren. Vielleicht ist diese Bühne auch das Haus des alten Silva? Eine Art Thron-Sessel in der Mitte, auf dem Silva über weite Strecken des ersten Teils sitzt, könnte darauf hin deuten:

 

 


noch auf der Probebühne…

 

 

Im Hintergrund steht eine große Spiegelwand und mit ihr hat es eine besondere Bewandtnis. Der Spiegel ist nämlich so konstruiert, dass man durch ihn hindurch leuchten kann, so dass er plötzlich durchsichtig werden kann. Auf diese Weise entstehen Bilder wie im Traum, in denen man zugleich ein Spiegelbild und eine Person hinter dem Spiegel sehen kann. Vielleicht sind es die Geister der Vergangenheit, die dort immer wieder aufscheinen? Oder Bilder der Sehnsucht?

 

 


Bühnenbild-Visualisierung Akt I

 

 

Im zweiten Teil der Oper ändert sich das Bühnenbild gewaltig. Jetzt ist man in einem unterirdischen Kellergewölbe. Hier verstecken sich König Carlo am Grab Karls des Großen, aber auch die Verschwörer, die ihm nach dem Leben trachten. Es ist, als hätte sich die Podestplatte von vorher gehoben wie eine Grabplatte – und man kann nun sehen, was sich darunter befindet. Im Schlussakt wird sich das Grab wieder schließen. Und zwar letztlich für alle, für Ernani und Elvira, aber auch für den frisch gekrönten Kaiser, der seinen Träumen und seiner Jugend entsagt.

 

 

Bühnenbild-Modell Akt III

 

 

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Heike Scheele
Bühnenbildnerin

Heike Scheele studierte Bühnenbild und Kostümdesign in Wien und ist seit 1989 als freischaffende Künstlerin in Deutschland, Österreich, Schweden der Schweiz und Norwegen tätig. Zu den vielen Produktionen, die sie für Theater-, Opern- und Musicalbühnen ausstattete, zählen Hamlet, Genoveva, Leoncavallos Edipo re und Pagliacci, West Side Story sowie die Deutschlandpremiere von Tan Duns Oper Tea. Seit 1999 verbindet sie eine intensive Zusammenarbeit mit dem Regisseur Stefan Herheim, die mit einer Zauberflöte in Oldenburg begann. Scheele schuf in der Folge u.a. die Bühnenräume für Herheims Inszenierungen von Così fan tutte in Stockholm, Das Rheingold in Riga und Bergen sowie von Carmen in Graz, wofür sie 2012 mit dem »Österreichischen Musiktheaterpreis« ausgezeichnet wurde. Im Jahr 2008 gestaltete Scheele das Bühnenbild für Herheims Parsifal bei den Bayreuther Festspielen und wurde dafür 2009 von der Fachzeitschrift Opernwelt zur »Bühnenbildnerin des Jahres« gewählt. Es folgten u.a. Lohengrin und Xerxes in Berlin, Rusalka in Brüssel, Graz, Dresden und Barcelona, Salome bei den Salzburger Osterfestspielen und Oslo, Lulu in Kopenhagen, Oslo und Dresden, Manon Lescaut in Graz und Dresden sowie Die Meistersinger von Nürnberg bei den Salzburger Festspielen und an der Opéra National de Paris. Seit 2013 arbeitet Scheele überdies u.a. mit den Regisseuren Bálazs Kovalik (Die Frau ohne Schatten und Turandot in Leipzig), Johannes Erath (Euryanthe in Frankfurt, Un ballo in maschera in München, Hoffmanns Erzählungen in Dresden), Vera Nemirova und Yona Kim. Im Januar 2018 entstanden Bühne und Kostüme für Die Fledermaus an der Mailänder Scala. Für die Uraufführung Benjamin – Musiktheater in sieben Stationen von Peter Ruzicka und Yona Kim (Libretto und Regie) im Juni 2018 in Hamburg gestaltet Scheele das Bühnenbild. Ernani ist ihre erste Arbeit für das Nationaltheater Mannheim.