Wir sind zurück!
Das Nationaltheater Mannheim beginnt die Saison 2017/2018
Mannheim, 6. September 2017
Noch ist das Nationaltheater am Goetheplatz in den letzten Zügen seines Sommerschlummers, doch die ersten Fleißigen sind schon zurück… Wer am Werkhaus in der Mozartstraße vorbei spaziert, kann vereinzelte Mitarbeiter die lange Treppe hinaufhuschen sehen. Die technischen Abteilungen sind bereits aus der Sommerpause zurück und mit voller Kraft dabei, die anstehenden Produktionen vorzubereiten. Damit am Montag, den 11. September der Betrieb wieder voll in Gang kommen kann, ist aber noch einiges zu tun, wie man sieht…
Meanwhile auf der N3
Auf der Probebühne in Mannheim Neckarau haben am Montag die Vorproben zur ersten großen Premiere der neuen Opern-Spielzeit begonnen. Am 14. Oktober wird Bellini Norma in der Regie von Markus Bothe über die Bühne des NTM gehen. Das 1831 uraufgeführte Glanzstück des italienischen Belcanto ist allen Opernfans ein Begriff und gilt spätestens seit Maria Callas als Inbegriff des Oper-Diven-Kultes. Casta Diva und so…
Tatsächlich sind Bellinis Melodien Ohrwürmer sondergleichen und überraschen in ihrer Schönheit, Brillanz und Virtuosität immer wieder aufs Neue. Seit Montag sind wir nun dabei, uns heranzutasten an das, was hinter der Oberfläche reiner Schönheit zu finden ist. Was diese Frau, diese Menschen bewegt, sich so zu äußern, wie die Partitur es vorgibt. Die Geschichte ist durchaus brutal: Norma ist Priesterin der Gallier („Druidin“ wie Felice Romanis Libretto sagt) und als solche dafür verantwortlich, ihrem unterdrückten Volk das Zeichen zum Angriff gegen die römischen Besatzer zu geben – oder eben auch nicht. Sie dringt auf Frieden, denn sie liebt Pollione, den römischen Oberbefehlshaber und hat mit diesem gemeinsam bereits zwei Kinder. Die Situation ist extrem, der Druck, der auf Norma lastet ebenso. Doch erst, als sich herausstellt, dass Pollione nicht mehr Norma, sondern nun die junge Priesterin Adalgisa liebt, eskaliert die Lage. Pollione wird gefangengenommen und anstatt ihn zu retten, gibt Norma den versammelten Galliern preis, dass sie selbst ihr Gelübde gebrochen und ihr Volk betrogen hat. Am Ende der Oper sterben beide, Pollione und Norma. Sie lassen eine verzweifelte Welt zurück und nicht zuletzt auch zwei kleine Kinder, deren Zukunft völlig ungewiss ist. Norma handelt von Unterdrückung, von Unfreiheit und der Not, sich verstellen zu müssen, anstatt man selbst sein zu können. 1831 ist auch Italien ein besetztes Land, der Weg zur sogenannten Einigung und zur Befreiung von Fremdherrschaft ein langer und steiniger. Der „Guerra-Chor“ aus Norma (der Chor, der zum Krieg gegen die Feinde aufruft) wurde dabei zu einer Art Kampfeshymne, zur „italienischen Marseillaise“. Auch die Zensoren kümmerten sich intensiv um das an der Scala aufgeführte Werk. Die Brisanz dieser Oper war dem Premierenpublikum also durchaus klar. Dem Stück genau diese Brisanz wiederzugeben, ist ein Anliegen des Inszenierungsteams.
Das fängt beim genauen Lesen und Deuten des Textes an. Gestern haben wir uns zum Beispiel gemeinsam mit der Sopranistin Miriam Clark den ganzen Tag mit einer einzigen Arie beschäftigt, immer wieder neu probiert, gedreht, gewendet – und plötzlich ergaben sich überraschende Subtexte, die man so noch nicht gesehen hat! Es bleibt also spannend.
Updates folgen!
Cordula Demattio