Giacomo PucciniAlphabet Einladung R-Quadrat

30. April 2018 - 19:00

ALPHABET Festival: Einladung der R-Quadrate

Turandot

von Giacomo Puccini

 

Alle Bewohner der R-Quadrate sind herzlich eingeladen zur Einführung im Unteren Foyer: Treffpunkt am 30.4. um 19.00 Uhr

 

Kurzeinführung

Von der Vivisektion einer Seele

 

Wer Prinzessin Turandot heiraten möchte, muss sich ihren Rätselfragen stellen. Jeder Bewerber, der die Rätselfragen nicht beantworten kann, muss sterben. Denn, um den Mord an ihrer Urahnin Lo-u-ling zu rächen, hat Turandot geschworen, niemals einem Mann zu gehören. Als es dem Tatarenprinzen Calaf jedoch gelingt, die richtigen Antworten zu finden, ist Turandot zutiefst bestürzt. Unerwartet macht ihr nun der Prinz seinerseits ein Angebot: Er will den Freitod wählen, wenn Turandot bis Sonnenaufgang seinen Namen herausfindet. Und nur die Sklavin Liù, die Calaf ihrerseits liebt, bekennt, seinen Namen zu wissen. Sie opfert ihr Leben für Calafs Geheimnis: Zum ersten Mal bewegen Liebe und Mitgefühl die Menge und auch Turandot wird schließlich »bekehrt«.

Diese heikle dramaturgische Spannung, die Gegenüberstellung zwei so unterschiedlicher Frauenfiguren, die Zwiespältigkeit der Prinzessin Turandot, die zwischen berückender Schönheit und unmenschlicher Grausamkeit oszilliert – all dieser Schwierigkeiten war sich Puccini schmerzlich bewusst. Und noch als bereits der erste Akt zu Ende komponiert und fertig instrumentiert war, erwog er das ganze Projekt wieder aufzugeben. Mit seinen Librettisten Giuseppe Adami und Renato Simoni befand er sich in regem Austausch, verlangte tiefgreifende Textkorrekturen, neue Texte und erfand gegenüber den Textvorlagen von Gozzi und Schiller ganz neue Charakterfacetten und gar neue Figuren. Es ging ihm darum, die Seele seiner Titelfigur zu ergründen, ja an ihre »eine Vivisektion vorzunehmen«, wie er in einem Brief an Simoni schreibt. Als Puccini im Jahr 1924 überraschend starb, war die Turandot nicht vollendet. Ob die Hemmung, weiter zu komponieren auch an der Begegnung mit Arnold Schönbergs Pierrot Lunaire und den so gänzlich neuartigen kompositorischen Wegen lag, die darin beschritten werden, muss Spekulation bleiben. Die eigenen kompositorischen Mittel übertreffen in ihrer Komplexität jedenfalls alles, was Puccini je komponiert hatte und reichen von Pentatonik bis zu Bitonalität.

Regula Gerbers Inszenierung legt den Fokus, ganz im Sinne der »Vivisektion«, auf die psychologische Durchdringung der teils märchenhaften, teils grotesken Vorgänge und sieht »das Stück als eine traumartige Parabel über Menschen«. Traumlogik, Symbole und Psychologie begegnen einander. Das strenge, reduzierte Bühnenbild von Sandra Meurer spiegelt Turandots Kälte ebenso wider wie das tiefe Bedürfnis und die Hoffnung auf Wärme und Geborgenheit.