Allgemein, überdiesFünf Dinge, die sie schon immer wissen wollten: Offenbachs Orpheus in der Untwerwelt

1 Sänger oder Geigenlehrer?

In der tragischen Liebesgeschichte von Orpheus und Eurydike, wie sie von den Dichtern der Antike überliefert ist, kann der Sänger Orpheus mit seinem grandiosen Gesang den Gott der Untwerwelt erweichen, sodass dieser ihm erlaubt seine große Liebe Eurydike mit zurück ins Leben zu nehmen. In der Operette Orpheus in der Unterwelt von Jacques Offenbach ist er ein nicht besonders erfolgreicher Geigenlehrer, dessen Interesse weniger der Musik als seinen hübschen Schülerinnen gilt.

 

2 Jakob oder Jacques?

Der in Köln geborene Jakob Offenbach, zog mit 14 Jahren nach Paris, dort ließ er sich Jacques nennen und wurde 1860 Französischer Staatsbürger. Als jedoch Deutschland 1870 begann, gegen Frankreich Krieg zu führen, geriet Offenbach zwischen die Fronten. In Deutschland wurde er als Franzose nicht mehr gerne gesehen und in Frankreich sogar der Spionage für sein Herkunftsland bezichtigt.

 

3 Witz oder Kritik?

Natürlich handelt es sich bei der Persiflage des Mythos um eine bisweilen scharfe Kritik an der Doppelmoral der höheren Gesellschaft des II.Kaiserreichs. Verpackt in Witz und Albernheit wurde die Operette vom Publikum zunächst als harmloses Vergnügen abgetan. Als jedoch ein bekannter Kritiker erkannte, welche Frechheit man sich erlaubt hatte, wollte ganz Paris wissen, über was er sich aufregte, sodass das Stück endlich die Zugkraft entwickelte, mit der es seinem Komponisten aus der finanziellen Bredouille helfen konnte.

 

4 oder 32?

Ursprünglich durfte Offenbach in seinem kleine Theater »Théâtre des Bouffes-Parisiens« nur Stücke mit maximal 4 Personen aufführen. Erst als diese Beschränkung aufgehoben wurde, konnte er Orpheus in der Unterwelt realisieren, denn die griechische Götterschar ließ sich mit vier Personen einfach nicht darstellen. In der Tat werden in der Mannheimer Inszenierung 32 Götter und mythologische Gestalten die Bühne bevölkern.

 

5 Orpheus oder Eurydike?

Wer den Titel dieser Operette liest, rechnet wohl mit einem Titelhelden, der die Ordnung der Götter aufmischt. Tatsächlich taucht Orpheus jedoch oft erst am Ende einer Szene auf. Die treibende Kraft in der Handlung liegt eher bei Eurydike, der Figur, an der sich alle abarbeiten und um die sich alle Szenen drehen. Sie wird sitzengelassen, ausgenützt, vorgeführt und begehrt. Es war auch die Frage danach, mit welcher Selbstverständlichkeit Frauen zum Spielball männlicher Begierde werden, die die Lesart von Regisseur Markus Bothe und seinem Team bei der Erarbeitung dieser Produktion bestimmte.

 

von Carlotta Riedelsheimer