Fünfmal Francesca da Rimini
Fünf Komponisten, ein Thema
Die tragisch Liebende Francesca da Rimini, deren Qualen in Dantes Inferno anschaulich beschrieben werden, inspirierte im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Komponisten zu dramatischen Werken. Besonders im 19. und 20. Jahrhundert erfreute sich der Stoff der großer Beliebtheit. Vielleicht, weil man sich gerade in dieser Zeit besonders für die Psychologie in sich zerrissener, unerlöster Figuren zu interessieren begann. Vier große Opern und eine sinfonische Dichtung gehören zu den bekanntesten Ergebnissen künstlerischer Auseinandersetzung mit Dantes ergreifender Episode um Francesca und ihren Geliebten Paolo.
Saverio Mercadante: Francesca da Rimini (1830/31)
Saverio Mercante auf einem Gemälde von Andrea Cefaly
Oper in zwei Akten zu einem Libretto von Felice Romani, dem bekannten Librettisten, dessen Texte u. a. von Rossini, Bellini, Donizetti, Meyerbeer und Verdi vertont wurden. Obwohl die Oper fertig komponiert war, kam sie zu Lebzeiten Mercadantes nie auf die Bühne. Intrigen, Meinungsverschiedenheiten, der plötzliche Tod eines Impresarios und der zeitweise Verlust der Partitur waren Gründe hierfür. Die Uraufführung erfolgte erst 2016 auf dem Festival della Valle d’Itria in Martina Franca, Italien. In Mercadantes Belcanto-Version der Geschichte wird das Liebespaar von zwei Frauen gesungen: Francesca von einem Sopran und Paolo als Hosenrolle von einer Altistin.
Pjotr Iljitsch Tschaikowsky: Francesca da Rimini als Sinfonische Dichtung (1876)
Tschaikowsky um 1875
»Ich schrieb es mit Liebe, und es ist mir geglückt«, schreibt Tschaikowsky an seinen Bruder Modest über seine Sinfonische Dichtung »Francesca da Rimini«. Das Werk ist dreigeteilt und beschreibt im gewaltigen ersten und dissonanten dritten Satz die Höllenqualen von Paolo und Francesca, während der kantable zweite Satz an das Liebesglück der beiden Protagonisten erinnert.
Ambroise Thomas: Francesca da Rimini (1882)
Ambrosie Thomas auf einer historischen Fotografie von Wilhelm Banque (ca. 1895)
Ambroise Thomas’ Version des Dante-Stoffes ist ganz im Stil der französischen Grand Opéra verfasst. In vier Akten, einem Pro- und einem Epilog wird die ganze Gefühls- und Klangfarbenpalette ausgekostet, die einem spätromantischen Sinfonieorchester zur Verfügung steht. Das große Duett zwischen Paolo und Francesca im vierten Akt der Oper ist Richard Wagners Duett zwischen Tristan und Isolde in der gleichnamigen Oper nachempfunden.
Sergej Rachmaninow: Francesca da Rimini (1906)
Der Komponist und Sänger der Uraufführung (1906)
Sergej Rachmaninows zweiaktige Oper basiert auf einem Libretto von Modest Tschaikowsky, dem Bruder des Komponisten, den Rachmaninow zeitlebens sehr verehrte. Im Alter von 27 Jahren begann Rachmaninow die Komposition der Francesca (seiner zweiten Oper) – und zwar mit dem Liebesduett zwischen Paolo und Francesca. Fertiggestellt wurde die Komposition aber erst fünf Jahre später 1905.
Am 24. und 31. 3. sowie am 18. 4. 2019 haben Sie die Gelegenheit, das selten gespielte Werk am Nationaltheater Mannheim in konzertanter Aufführung zu erleben.
Riccardo Zandonai: Francesca da Rimini (1914)
Zandonai in den 1930er Jahren
Der Text zu Zandonais Oper, die kurz vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs in Turin uraufgeführt wurde, basiert auf Gabriele D’Annunzios Verstragödie Francesca da Rimini aus dem Jahr 1901. Diese wiederum verarbeitet Giovanni Boaccaccios Kommentar zu Dantes Göttlicher Komödie. Zandonais Version beschreibt äußerst detailreich, wie sich Paolo und Francesca kennenlernen, gegen ihre Liebe kämpfen und einander schließlich doch verfallen. Dabei wird von Anfang an Partei ergriffen für die Heldin der Oper: So beruht ihre Verheiratung mit Gianciotto Malatesta auf einer Lüge. Aufgrund seiner Hässlichkeit spielte man Francesca nämlich zunächst vor, der schöne Paolo, Malatestas Bruder, wäre ihr Bräutigam. Schlachten und dunkle Burgverliese bilden den spannungsreichen Hintergrund der Geschichte, die hier in dem Mord Gianciottos an Paolo und Francesca kulminiert.