Anna Viebrock studierte Bühnenbild in Düsseldorf. Insbesondere die Zusammenarbeit mit Christoph Marthaler führte sie an zahlreiche internationale Theater; wiederholt wurde sie „Bühnenbildnerin des Jahres“ oder „Kostümbildnerin des Jahres“. Seit 2002 arbeitet sie auch erfolgreich als Regisseurin.
Der Gastdramaturg Malte Ubenauf führte ein Interview mit ihr:
Für die Produktion »House of Usher« kommt es für dich nun zu einer Wiederbegegnung mit dem Autor Edgar Allan Poe, dessen Roman »Die denkwürdigen Erlebnisse des Arthur Gordon Pym« für deine erste eigene Regiearbeit am Zürcher Schauspielhauses von Bedeutung war.
VIEBROCK: Meine erste Regiearbeit hieß »IN VAIN oder REPRODUKTION VERBOTEN« und war ein musikalisch-theatralisches Projekt in der Schiffbauhalle des Zürcher Schauspielhauses. Die Formulierung „Reproduktion verboten“ fand ich damals zufällig in einem Bild von René Magritte, wo auf einem Kaminsims unter einem Spiegel mit einer unmöglichen Spiegelung ein Exemplar des einzigen Romans von Edgar Allan Poe, »The Narrative of Arthur Gordon Pym of Nantucket«, zu sehen ist. Dieses Buch, das Ereignisse auf einem Walfangschiff schildert, wurde dann zur Vorlage für meine Inszenierung – besonders für die Bildfindungen.
Claude Debussys »Usher«-Oper ist ein unvollendetes Werk. Welche Auswirkungen hat das Fragmentarische auf dein Vorhaben am Nationaltheater? Handelt es sich um eine Operninszenierung oder ein Musiktheaterprojekt? Oder um beides zusammen?
VIEBROCK: Für »House of Usher« am Nationaltheater arbeiten wir mit einer von Robert Orledge ausgearbeiteten und instrumentierten Version, aber das Thema des Unabgeschlossenen beschäftigt uns dennoch weiterhin. Debussy ist ja über der Arbeit an dieser Oper verstorben. Insofern würde ich sagen, dass das Opernfragment Teil eines Musiktheaterprojektes ist.
Zum »Usher« -Ensembles gehört auch der schottische Schauspieler Graham F. Valentine. Welche Geschichte verbindet dich mit ihm?
VIEBROCK: Graham Valentine hat bereits in vielen meiner Inszenierungen mitgewirkt. Er spielte beispielweise den Arthur Gordon Pym in der bereits erwähnten Produktion »IN VAIN«. Graham und ich sind aber auch über die gemeinsamen Arbeiten mit Christoph Marthaler immer wieder verbunden, zuletzt vor wenigen Monaten in Zürich. Ich finde Graham einfach phänomenal, er spricht und spielt und singt in so vielen Sprachen, und wenn er Balladen aus seiner schottischen Heimat singt, muss man weinen. Ansonsten ist er aber sehr hartgesotten, ihn erschüttert und wundert nichts und als Kostümbildnerin kann ich nur sagen: Man kann ihn so toll verwandeln, es gibt nichts, was ihm nicht steht. Für »House of Usher« ist Graham unsere direkte Verbindung zu Edgar Allan Poe, da er die Originalsprache dieser Literatur mit unglaublicher Intensität spricht.
Würdest du uns schon ein bisschen etwas verraten über das Bühnenbild von »House of Usher«?
VIEBROCK: Man kann sagen, dass alle Teile des Bühnenbildes eine Geschichte haben. Es sind „Reste“ von Bühnenbildern, die ich seit den 1990er-Jahren noch bei mir oder bei Bekannten untergestellt hatte. Aus solchen „geretteten“ Teilen hatte ich vor einigen Jahren mit dem Künstler Till Exit einen begehbaren Raum gestaltet. Es ging dabei um die Frage, wie viel von den jeweiligen Produktionen in den Dingen steckt und wie diese miteinander kommunizieren. Aus diesem Raum habe ich jetzt das „Gehirn“ von Roderick Usher gemacht, so nennen wir einen Teil unseres Mannheimer Bühnenbildes. Darüber hinaus habe ich einige Möbel und Lampen unserer »Tristan und Isolde«-Produktion aus Bayreuth in das Bühnenbild integriert. Wenn »House of Usher« irgendwann abgespielt sein sollte, gehen mit dem Ende dieser Inszenierung auch diese alten Teile endgültig unter.
Heute Abend eröffnet eine Austellung über die Bühnenbilder von Anna Viebrock im Unteren Foyer des NTM.
Am Freitag den 12.4. Findet die Premiere des Stückes »House of Usher« statt.