Deutschland im Jahr 1945 – das Ende des Zweiten Weltkriegs steht kurz bevor. Ein Krieg, der die tiefsten menschlichen Abgründe zum Vorschein bringt.
Vor diesem Hintergrund schreibt Strauss, im Alter von 80 Jahren, seine »Metamorphosen« – ein letztes Werk, in dem er wie nur selten einen Einblick in sein tiefstes Innerstes gewährt.
Was die letztlich zündende Inspirationsquelle für seine Kompostion war, ist heute umstritten. Von den Bombenaschlägen auf die Städte München und Dresden bis zum Gedicht Goethes »Niemand wird sich selber kennen«; der Impuls bleibt die bestialische Natur des Menschen.
Innerhalb eines Monat vollendet er sein Instrumentalwerk am 12. April 1945 in seinem Alterswohnsitz in Garmisch-Partenkirchen. Dass er das Stück in einem so kurzen Zeitraum komponieren kann, liegt daran, dass er vorher schon Ideen und Skizzen für die »Metamorphosen« erstellt hat. Uraufgeführt wird das Werk 25. Januar 1946 in Zürich unter der Leitung von Paul Sacher, der der Auftragsgeber für die Komposition war.
Formal teilt Strauß die Themen in drei Gruppen auf, welche durch die ständige Umgestaltung der Themen in Verbindung zueinanderstehen. Wie in der biologischen Bedeutung der Metamorphose, entwickeln sich die Themen von einer Form in die nächste, ohne dabei ihren Kern zu verlieren, bis schließlich die endgültige Gestalt erreicht wird. So folgt auf die ruhige langsame erste Gruppe, mit hoffnungslosen und melancholischen Klängen, ein etwas bewegenderer Mittelteil, der fasst so etwas wie Hoffnung entstehen lässt. Mit einem düsteren c-moll stürzen wir wieder in die Verzweiflung des Anfangs zurück, diesmal folgt jedoch der Trauermarsch aus Beethovens Eroica. Wie in einer tristen Erinnerung an eine bessere Welt, zitiert Strauss den großen Komponisten. Damit trägt Strauß symbolisch jede noch verbleibende Zuversicht zu Grabe.
Im Rahmen der Richard-Strauss-Tage spielen Mitglieder des NTO das Werk in einer Fassung für sieben Streicher – wie in der Urfassung vorgesehen. Das halbstündige Werk von Strauss wird umgeben von György Ligetis
1. Streichquartett und Bachs Motette »Jesu meine Freude«, die beide mit der kunstvollen Umformung musikalischer Motive spielen und ebenfalls den Fokus auf dem schöpferischen Moment haben, der sich durch die Metamorphose ergibt.
Wir freuen uns auf Euren Besuch am 19. Januar im Oberen Foyer des NTM!
Yanxi Long