Allgemein»Dark Spring« – ein freudiger Ausblick

Zum geplanten Uraufführungsdatum ein vorfreudiger Ausblick


Heute hätte die Oper „Dark Spring“ im Nationaltheater ihre Uraufführung erlebt, doch die Welt steht Kopf und so findet die Premiere von Hans Thomallas Song-Oper, die auf Motiven und Figuren aus Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“ beruht, zum Auftakt der neuen Spielzeit im September statt.
Während Frank Wedekinds Schauspiel die Handlungen einer Gruppe Heranwachsender fokussiert, die unter enormen Druck durch elterliche sowie schulische Autoritäten und sexuelle Normen stehen, der alle individuelle Entwicklung im Keim erstickt, so präsentiert die Oper eine fast gegenteilige Situation.
Die jungen Frauen und Männer in „Dark Spring“ erscheinen als „coole“ Generation in einer kalten Gesellschaft – sie haben gelernt, ihre Gefühle und Verletzlichkeiten zu verbergen und stehen unter dem Credo extremer Individualität und Risikobereitschaft: Jede Person wird zur Alleinunternehmerin der eigenen Arbeit, Biographie und Sehnsüchte. Unter der glänzenden Oberfläche von Ironie, Leichtigkeit und Unverbindlichkeit blitzt jedoch der Wunsch nach wirklichem, unvermitteltem Selbsterleben und nach ungeschütztem Ausdruck auf.
Doch selbst in der Atmosphäre ziellosen, einsamen Treibens erscheinen kurze Momente echter Freundschaft und Liebe.
Die Welt von „Dark Spring“ scheint auf den ersten Blick still und unaufgeregt, es schimmert jedoch ein anderer Konflikt durch: jener zwischen der Angst zu fühlen, zu begegnen, und sich zu offenbaren, und der Sehnsucht, sich und den Anderen zu spüren und für dieses Verlangen einen eigenen Ausdruck zu finden. Und immer wieder kippt die vermeintliche „Coolness“ in Momente existenzieller Einsamkeit, Bedrohung und auch Gewalt. Das Motiv der Sehnsucht wird in der Musik von Hans Thomalla immer wieder deutlich spürbar. Diese Musik ist eine Mischung aus Oper, neuer Musik, Popsong, Musical und Ambient-Techno-Soundtrack – sie treibt!
Wir freuen uns sehr, dass sich unsere Opernbühne nach langem Schweigen nun wieder belebt. Ab 3. Juli werden sich Shachar Lavi (Wendla), Christopher Diffey (Melchior), Magid El-Bushra (Moritz) und Anna Hybiner (Ilse) gemeinsam mit dem Regieteam um Barbora Horáková Joly in den Probenprozess und all seine (auch) Corona-bedingten Herausforderungen stürzen.
Wir werden auf dem Alphabet-Blog von den Proben, deren künstlerischer Auseinandersetzung und zeitgenössischer Umformung des Wedekind-Stoffs berichten. Außerdem erwarten Sie an dieser Stelle Gedanken, Assoziationen, bildliche Eindrücke sowie Hintergrundinformationen zur Musik, zum Komponisten und zum Regiekonzept, sowie Beiträge der Produktionsklasse, welche die Produktion „Dark Spring“ während der Entstehung begleiten wird. Wir dürfen gespannt sein!