Jede*r ist anders, doch wir alle sind gleich
Liebe und Schmerz. Emotionen und Affekte, die jede*r von uns kennt. Genau diese Universalität der menschlichen Erfahrung ist das Bindeglied für die Neuinszenierung von Puccinis Klassiker »Madame Butterfly«. Egal mit welcher Sexualität oder welchem Geschlecht man sich identifiziert, eines haben wir alle gemein: wir haben Träume, Sehnsüchte und Wünsche, die sich jedoch nicht für jede*n erfüllen. Akzeptanz und Geborgenheit spielen eine große Rolle in unserem Umfeld. Jede*r möchte sich verstanden und gehört, gar geliebt fühlen. Doch was, wenn man anders ist? Einigen von uns bleiben Chancen und Möglichkeiten verwehrt.
»Madame Butterfly« am NTM
Konzept, Video und Regie der WWO2 von Roland Horvath, Anahita Malakooti und Maria Kwaschik verdeutlichen, wie viele Hindernisse im Weg transgeschlechtlicher Leute stehen. Nicht nur soziale Fragen der Selbstakzeptanz und Zugehörigkeit, sondern auch rechtliche sowie medizinische Fragen der Selbstbestimmung oder des verneinten Kinderwunsches werden beleuchtet. Dank der zeitgenössischen Perspektive, kommt ein hoch politisches Stück auf die Bühne des Mannheimer Opernhauses. Es macht aufmerksam auf die intersektionale Diskriminierung und spiegelt die Realität wider. Besonders durch die Verschmelzung von Bühnenbild und Projektion, wird eine Spannbreite der Erzählung geschaffen, die mit filmischen Mitteln tief blicken lässt. Dabei wird sich von Geschlechterrollen und den Grenzen der stereotypen Männlichkeit bzw. Weiblichkeit gelöst. Fern von der bloßen Aufopferung einer Frau und Mutter; insofern diese überhaupt von Geburt an eine Frau ist? Die Erkundung der eigenen Identität ist gerade in Asien sehr präsent, weshalb die japanische Kulisse von »Madame Butterfly«zusätzlich einen perfekten Schauplatz für die Oper bietet (Buchtipp: Queer Asia). Es ist eine Geschichte mit frischem, feministischem Wind, die uns gerade jetzt (be-)trifft.
Trans*identität hier und heute
In Deutschland wird Transgeschlechtlichkeit erst seit wenigen Jahren thematisiert, sowohl auf als auch hinter den Bühnen. Einige der wenigen transgeschlechtlichen Sänger*innen im Opernbereich ist die amerikanische Baritonistin Lucia Lucas, die momentan in Karlsruhe lebt und sowohl im deutschsprachigen Raum als auch international auftritt. 2019 spielte sie den Protagonisten Don Giovanni in der Tulsa Opera. Dort trat sie als allererste Transfrau in einer Hauptrolle auf. Sie ist zwar von Mann zu Frau übergegangen, singt aber weiterhin Männerrollen, denn ihre Stimme ist weiterhin ein kerniger und kraftvoller Bariton.Ein weiteres Beispiel im Opernbereich ist der Amerikaner Holden Madagame, der vom Mezzosopran zum Tenor überging. Er begann bereits früh damit Testosteron einzunehmen, weshalb ihm der stimmliche Wandel glückte.
Nähere Informationen zur Neuinszenierung, eine Stückeinführung sowie einen Trailer, der Einblick ins Stück gibt, findet ihr hier https://www.nationaltheater-mannheim.de/de/oper/stueck_details.php?SID=3826
Rejana Rempfer