AllgemeinBTHVNs Neunte »goes global«

Beethovens 9. Sinfonie »all around the world«

Beethoven komponierte mit den Worten Friedrich Schillers eine Sinfonie, die ein internationales Sinnbild für Freude, Verbundenheit und Hoffnung wurde. Durch den Einsatz des Chores im 4. Satz gelingt ihm ein einzigartiger Moment, der die Welt bewegt und zum Singen bringt:

  1. In Asien erklang Beethovens Neunte zum ersten Mal im Juni 1918 in einem Kriegsgefangenlager in Tsingtao, China. Dort gab es zwei Orchester, die den gefangenen Soldaten Unterhaltung baten und die Stimmen alterierten, damit die Männer im Chor mitsingen konnten
  2. 1986 demonstrierten Frauen gegen die militärische Diktatur Augusto Pinochets in Chile und sangen dabei die »Ode an die Freude«, während sie die Befreiung politischer Gegner einforderten
  3. 1989 protestierten Student*innen in Peking und verlangten Meinungs- und Pressefreiheit, wobei sie Beethovens »Ode an die Freude« sangen
  4. Nach dem Mauerfall wurde die Neunte zum Symbol der Einheit, Freiheit, Frieden und Solidarität. Daher wurde 1985 eine instrumentale Version der »Ode an die Freude« auch Hymne der Europäischen Union
  5. In Osaka, Japan wird die 9. Sinfonie jedes Jahr mit 10.000 Sänger*innen aufgeführt; seit zwanzig Jahren wird dieses Event von Yukata Sado dirigiert
  6. Auch in den ärmsten Gegenden enstanden Symphonieorchester wie »Sinfônica Heliópolis« in Sao Paolo, Brasilien oder das »Orchestre Symphonique Kimbanguiste« in Kinshasa, Zentralafrika, die mitunter die 9. Sinfonie aufführten
  7. Paul Whittaker, ein Pianist, der selbst von Geburt an in seinem Hörvermögen beeinträchtigt ist, startete das Projekt »feel the music«. Mit diesem war er zuletzt in Barcelona, Katalonien und macht mit Hilfe eines Orchesters tauben Kindern Beethovens Musik spürbar
  8. Klassik trifft auf electro sound: Gabriel Prokofiev interpretiert das Werk im heutigen Kontext und fügt dem türkischen Marsch eine arabische, sowie ägyptische Note hinzu und vereint die »Ode an die Freude« mit modernen Effekten; eine Art »Symfusion«

Jede Medaille hat zwei Seiten

Doch man darf nicht vergessen, dass Beethovens 9. Sinfonie auch missbraucht wurde, um zu spalten. So wurde sie 1942 zu Hitlers 53. Geburtstag auf einer Feier der NSDAP aufgeführt. Beethovens Neunte wurde instrumentalisiert, um zum Kampf bis hin zur Massenvernichtung anzustacheln. Sie erlangte den Status von Titanenmusik und berührte somit die Herzen der Herzlosen. Nach den Folgen des Kalten Krieges wurde die Partitur der 9. Sinfonie sogar geteilt aufbewahrt, eine Hälfte in der DDR, die andere in der BRD. Dem Umstand geschuldet, dass die alte Nationalhymne Deutschlands nicht mehr verwendet werden konnte, wurde sie 1952 bei den olympischen Winterspielen in Oslo als Nationalhymne eingesetzt. Abgesehen davon machte 1974 auch das rassistische Apartheid-Regime in Rhodesien, dem heutigen Simbabwe, ihre Melodie zur Nationalhymne.

Man kann sich seine Bewunderer leider nicht aussuchen. Nichtsdestotrotz wusste Beethoven Menschen mitzureißen und ihnen einen Ohrwurm zu verpassen. Die eingängige Melodie und deren Nachricht »alle Menschen werden Brüder« wird hoffentlich nie in Vergessenheit geraten und weiterhin Menschen vereinen, anstatt zu trennen.

Mehr zum digitalen Angebot des Nationaltheater Mannheims und der von Franz Liszt arrangierten Version der 9. Sinfonie für zwei Flügel findet ihr hier https://www.nationaltheater-mannheim.de/de/index-digital.php

Rejana Rempfer

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