Logbucheintrag 1
Es ist der 16.06.2022, noch 9 Tage bis zum Abflug.
Die Crew musste sich aufspalten, um den Bewegungen der Massen zu folgen. Die Eindrücke waren vielfältig, die Ereignisse verschwimmen.
Heute konnten wir von verschiedenen Standorten diverse Paraden beobachten. Unter dem Fossil eines Pterodactylus kam Cosimo Allesandro Collini, Naturforscher des kurfürstlichen Hofes, zum Vorschein. Klagend begutachtete er was aus Mannheim und seinem Naturalienkabinet geworden war. Seine Sammlung der Naturwesen: ein Grabmal ausgestorbener Tiere und Pflanzen. Die Stadt: Quadrate aus Beton, als Zeugen des Siegeszugs des rechten Winkels. Was haben wir Menschen nur aus der Umwelt gemacht? Auf dem Zug zum Festival-Zentrum wurden uns unsere Fehltritte vor Augen geführt. Zerstörerische Weltkriege, Artensterben und SUVs. Doch eine Hoffnung bleibt: das Nationaltheater, das lange geheim gehaltene Raumschiff. Nun soll es endlich starten und wir, ja wir alle sind seine Besatzung.
Parade ausgehend vom Collini-Center, Foto: ©Lea Schönfeld
Ähnliches trug sich in der Kunsthalle zu. Anton Wilhelm Amo, der erste Philosoph Afrikanischer Herkunft in Deutschland, zog gemeinsam mit seinem Trommler auf Rädern durch die Straßen Mannheims und erzählte seine Lebensgeschichte. Geboren in Axim, dem heutigen Ghana, kam er als Kind versklavt nach Deutschland. Amo erzählte von seiner Rückkehr nach Afrika und beklagte sich darüber, wie sehr sich die Natur, seitdem er das Land zum letzten Mal gesehen hatte, verändert hatte. Genauso wie Collini führte er uns die aktuellen Missstände der Welt vor Augen, mit dem Raumschiff als unsere Hoffnung in eine bessere Zukunft.
Parade ausgehend von der Kunsthalle, Foto: ©Leonie Kleiber
Im Festival-Zentrum trafen die beiden auf Maria Theresia, österreichische Kaiserin, energische Verfechterin des sofortigen Umschwungs in ein nachhaltiges Zeitalter und zum Glück heil unter der Rakete hervorgekommen. Nach einigen hitzigen Diskussionen – letzten Endens geschlichtet durch Julien Offray de La Mettrie, ein Aufklärer vorderster Front, wurde dann der große Countdown gestartet. Noch 9 Tage bis zum Abflug. Es ist Großes geplant, es muss noch viel gezeigt werden. Dann werden wir alle bereit sein, unsere Erde zurückzulassen. Eigentlich schade, irgendwie.
Parade ausgehend vom Marktplatz, Foto: ©Alphabetchor
Ist die Flucht von unserem Planeten die Lösung oder nehmen wir das Problem bei unserer Abreise mit?
von Leonie Kleiber, Lukas Ries und Lea Schönfeld