Das Köchelverzeichnis – wer hätte gedacht, dass eine Liste von musikalischen Werken so viel Verwirrung stiften könnte?
Wir stellen uns vor: Ein Musiker, in diesem Fall Mozart, komponiert über 600 Werke und jemand muss sich der monumentalen Aufgabe stelle, diese alle zu katalogisieren. Hier tritt Ludwig von Köchel 71 Jahre nach Mozarts Tod auf den Plan. Mit ausgeprägter Gründlichkeit und bewundernswerter Geduld schuf Köchel eine Ordnung, die noch heute unter dem Namen Köchelverzeichnis Bestand hat. Er katalogisierte jede einzelne Komposition Mozarts in akribischer Detailgenauigkeit und versieht sie mit Nummerierungen. Ob Sinfonie oder Sonate, Kammermusik oder Oper – nichts entgeht der peniblen Systematik des Köchelverzeichnisses. Die Welt der Musik atmet auf: Endlich Ordnung in der unendlichen Sammlung der Mozart Kompositionen. Doch die Freude über diese ordnende Hand währte nicht lange. Als Genie von kosmischer Unordnung ließ sich Mozart nicht so leicht in numerische Zwänge einengen. Die Forscher:innen und Musikwissenschaftler:innen, die Köchels Arbeit fortsetzten, entdeckten nachträglich vergessene Manuskripte und verschollene Werke. Köchels Ordnung und Systematik musste sich anpassen, umstellen, Werke herausnehmen, andere hinzugefügt und mit Ergänzungen, Neuentdeckungen und Spekulationen erweitert werden. Und so geht es weiter und weiter. Eine einzige Komposition kann unterschiedliche Köchelnummern je nach Ausgabe haben. Das Ergebnis? Was für Köchel als Monument der Ordnung begann, entwickelte sich zu einem lebendigen Dokument, das sich immerfort wandelt.
von Carlotta Körnig